40 Jahre INDIO-HILFE 1982 – 2022

40 Jahre Schutz des tropischen Regenwaldes

Unter dem Dach des Namens AMAZONICA vereinen wir unsere drei gemeinnützigen Organisationen: den Verein INDIO-HILFE e.V. (1982), die Stiftung AMAZONICA (2007) und die AMAZONICA Akademie gGmbH (2015).

„Wir“, das waren bei der Gründung von INDIO-HILFE 1982 Mascha Kauka (Verlegerin), ihr Mann Uli Pohl (Unternehmer: Direct Mailing), Familie und Freunde – alle aus München.

„AMAZONICA möchte den tropischen Regenwald für die Menschheit erhalten“.
Dazu haben wir gemeinsam mit den indigenen Völkern Ecuadors innovative Lösungen erarbeitet.

So fing es an: „Wart ihr schon mal in einem ‚weißen Fleck auf der Landkarte‘?“, fragt Mascha Kauka und beginnt zu erzählen: „Bei einem Urlaub in Ecuador, fuhren mein Mann und ich mit dem Kanu in ein solches Gebiet: unerforschter Urwald in den Anden über dem Pazifik. Hier kam es zu der schicksalhaften Begegnung mit den indigenen Chachi, Flussnomaden, die noch keine Touristen gesehen hatten.

Weil uns die Häuptlingsfamilie vertraute, erfuhren wir bald von der großen Gefahr für die Chachi und ihren Regenwald: der Staat hatte die gesamte Region an Holzgesellschaften verpachtet, und diese verlangten die Aussiedelung der Urbevölkerung, um ungestört abholzen zu können.

Es gab nur eine Rettung, die der Häuptlingssohn kannte: ‚der weiße Fleck‘, ihr traditionelles Siedlungsgebiet, musste vom Staat vermessen werden, um einen rechtskräftigen Eigentumstitel zu bekommen. ‚Ihr seid die ersten Weißen, zu denen wir Vertrauen haben, deshalb müsst ihr uns helfen. Lasst unser Land vermessen‘, bat Häuptling Tapuyo.

Wie ihr schon ahnt, haben wir uns in das Abenteuer gestürzt, alles zu organisieren und zu bezahlen, damit die Chachi nicht vertrieben werden und der Regenwald stehenbleibt. Dazu gründeten wir mit Freunden den gemeinnützigen Verein INDIO-HILFE e.V., sammelten Spenden und drängten die ecuadorianischen Behörden sieben Jahre lang, den unwegsamen Bergurwald zu kartografieren - damals noch ohne GPS!

Wir haben es geschafft. Den 14.000 Chachi gehört ihr Land, so groß wie die halbe Oberpfalz (4.800 km²).
Doch mit der Vermessung begann für uns erst der lange Weg des ‚learning by doing‘, einer Endlosserie von Startups ohne, dass man sie damals so bezeichnete. Der Staat hatte es zur Auflage gemacht, dass die Chachi sesshaft werden, in Dörfern leben und Landkreise bilden, um den Landtitel zu behalten“, erklärt Mascha Kauka.

Damit war es die Aufgabe der Münchner Partner, die Chachi bei dem Übergang von jagenden und fischenden Flussnomaden zu sesshaften Bauern und Handwerkern zu unterstützen. Dieser Prozess dauerte 20 Jahre lang, und wir als Unternehmer gewannen die Überzeugung, dass „Management statt Almosen“ der Schlüssel zum Erfolg ist (wobei selbstverständlich Geld schon gebraucht wird – viel Geld).

Dann trennten sich die Freunde im gegenseitigen Einvernehmen. INDIO-HILFE hinterließ unter anderem eine bis heute funktionierende medizinische Infrastruktur mit einem Krankenhaus samt Planstellen für Ärzte, Laboranten und Pflegepersonal aus dem Volk und neun Sanitätsstationen an mehreren Flüssen.

Zudem Schulen mit ausgebildeten Chachi-Lehrern und mehrere landwirtschaftliche Kooperativen, darunter erstmalig eine reine Frauen-Kooperative für Reisanbau.

Der Verein hatte step by step gelernt, in sämtlichen Lebensbereichen zu arbeiten, die den indigenen Partnern wichtig sind. Ein Know-how, das auch bei allen weiteren Projekten den Erfolg ermöglichte.

Und die Anträge häuften sich, sowohl von anderen indigenen Völkern, als auch vom ecuadorianischen Gesundheitsministerium. Letzteres bat den Verein immer wieder um Vermittlung, wenn die Behörde mit einer indigenen Gruppierung Probleme hatte.

So wurde Mascha Kauka 1992 gebeten, im schlimmsten Elendsviertel der Hauptstadt Quito zu sondieren. Dort vegetierten Tausende von indigenen Bergbauern, denen die Großgrundbesitzer unfruchtbare Steilhänge in 3.400 m Höhe im Chimborazo-Gebiet überlassen hatten. Das führte zur Landflucht.

Eine Lösung für den Slum in Quito erschien aussichtslos. Die Kichwa-Bauern luden Mascha Kauka zu einem Besuch in ihren Bergen ein, und dort beschlossen sie gemeinsam, eine Landreform dahingehend zu versuchen, dass die Slumbewohner in der Landwirtschaft eine Zukunft haben würden.

Die erodierten Hänge wurden wie vor 500 Jahren bei den Inka in Terrassen verwandelt, um brauchbare Felder fürs Pflügen und Bewässern zu bekommen. Das Wasser wurde an zwei Quellen in 4.000 m Höhe gefasst und über 10 km bergab in die Dörfer geleitet. Ein weiteres Mammutprojekt von INDIO-HILFE.

Die Landwirtschaft selbst war und ist rein ökologisch und brachte nach ein paar Jahren schon 40 verschiedene Produkte. Für den Verkauf baute der Verein einen großen Markt mit Schlachthaus an der Landstraße unterhalb der Dörfer, der sich bald zu einem wöchentlichen Umschlagplatz in der Region entwickelte.

Und der Slum in Quito? Den gibt es nicht mehr! Nachdem die Kichwa-Bauern wieder ihr Land bestellen konnten, riss die Stadt das Elendsviertel ab. Gesamtdauer dieses Projekts: 12 Jahre.

1997 wurde das Gesundheitsministerium wieder vorstellig, weil es sich nach Beendigung des Buschkriegs gegen Peru im Amazonasgebiet um die dort lebende indigene Waldbevölkerung kümmern musste. Natürlich gab es keine Straßen und nur wenige militärische Flugpisten. Aber die Vertreter von sieben Völkern baten dringend um medizinische Versorgung.
Obwohl der Verein zu dieser Zeit parallel mit den Chachi an der Küste und mit den Bergbauern arbeitete, beschloss Mascha Kauka einen ersten Besuch in der militärischen Sperrzone zu machen.

„… und dort sind wir bis heute“, berichtet sie ziemlich zufrieden. „Wir starteten mit einem Gesundheitsprojekt an den Flüssen der Sápara. Da wir die erste Hilfsorganisation waren, sprach sich das wie ein Lauffeuer herum. 1999 luden uns die benachbarten Achuar und Shuar ein und zwei Jahre später die Tiefland-Kichwa. Wenn man helfen kann, sollte man nicht Nein sagen“.

In diesem Sinn wurde der Verein 2004-2007 auf eine harte Probe gestellt: Malaria tropica kroch epidemisch die Flüsse herauf. Als einzige Hilfsorganisation im Wald, war INDIO-HILFE auch der einzige Ansprechpartner, und wenn in jedem Dorf Menschen sterben, bleibt selbstverständlich alles andere liegen.

Parallel in 112 Dörfern abseits der Straße und über drei Jahre bekämpften die Münchner die Malaria und waren erfolgreich – bis heute!

Einzelne Mitglieder des Vereins gründeten 2007 die Stiftung AMAZONICA mit dem Credo und der Strategie:
„Schutz des tropischen Regenwalds durch Förderung seiner Ureinwohner“.
Die Schwerpunkte liegen auf den Themen: Bildung (Schulbildung, Berufsausbildung, Stipendien), Gemeindeentwicklung (Versorgung mit Trinkwasser und Solarstrom, Müllentsorgung, Komposttoiletten, Bau von öffentlichen Einrichtungen), Konfliktlösungen: Jung gegen Alt, Unterdrückung der Frauen, medizinische Versorgung, Sanitätsstationen, Gemüseanbau und Kleintierhaltung zur Selbstversorgung, Pflege der indigenen Kultur, Naturschutz, Aufbau von gemeindebasiertem Tourismus.

Die AMAZONICA Akademie, zunächst ein Projekt der Stiftung, war seit 2008 die erste Urwald-Akademie für indigene Studierende und internationale Hochschulen. Die Jugend der Welt zu Gast im Regenwald, um ihn kennen, verstehen und schützen zu lernen.

Den Anfang machte die Hochschule Weihenstephan, dann folgten die Hochschule München und andere Bayerische Bildungsstätten. Heute kommen Dozenten mit den Studierenden der Abschlusssemester auch aus mehreren deutschen Städten.

Die Begegnungen im Wald sind auf Augenhöhe, und nicht selten gesellen sich Akademiker aus Ecuador und Kolumbien dazu. Die Akademie unterhält einen Kooperationsvertrag mit der staatlichen Universität Cuenca und mit den Föderationen der Shuar und Achuar.

Diese Besucher brauchen touristische Infrastrukturen, und so war es naheliegend, die Akademie selbstständig zu machen. Sie ist seit 2015 eine gemeinnützige GmbH und bietet allen Interessierten sehr nachhaltigen, sanften Tourismus. Damit hat AMAZONICA die sinnvollste Einkommensquelle für die Waldbewohner aufgebaut. Tourismus schafft viele Arbeitsplätze, Natur und Kultur werden sorgsam erhalten, und die Indigenen haben auf dem eigenen Territorium eine Zukunft.

AMAZONICA ist es gelungen, dass zwei Nachbarvölker (Achuar und Shuar), die sich nie grün waren, mit der Akademie einen Vertrag schlossen. Sie wollen auf ihren Territorien und unter eigener Verwaltung das erste indigene Tourismusnetzwerk schaffen. AMAZONICA berät, bildet aus und unterstützt die nötigen baulichen Infrastrukturen.

Resümee zum Jubiläum: 

40 Jahre Arbeit bedeuten etwa 200 große und kleine Einzelprojekte bei sieben indigenen Völkern, also zigtausend Menschen, die uns eingeladen hatten, um Unterstützung baten und heute auf einem guten Weg sind.

  •  Highlights waren die rechtliche Sicherung indigener Siedlungsräume – die bis heute einzige erfolgreiche Malariakampagne in 112 Dörfern gleichzeitig 
  • die Schaffung von zwei flächendeckenden medizinischen Infrastrukturen 
  • die Auflösung eines Slums in der Hauptstadt und die Rückkehr Tausender Bergbauern auf ihre Felder 
  • Wiederbelebung indigener Kultur 
  • die ersten Hochschulabschlüsse für Frauen 
  • erste eigene rein indigene Unternehmen 
  • die erste Urwald-Akademie 
  • das erste gemeindebasierte Tourismusnetzwerk.
Wo das alles greift, bleibt der Regenwald stehen und brennt auch nicht! 

Empfehlung: Maschas Webinare in der VIDEOTHEK der Website www.amazonica.org und Facebook AMAZONICA





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